Altes Schauspielhaus Stuttgart

Der Gott des Gemetzels

Altes Schauspielhaus Stuttgart, Premiere 25.1.2019

von Yasmina Reza

mit Sabine Fürst, Anja Barth, Marco Steeger und Robert Besta

Regie Folke Braband Ausstattung Stephan Dietrich Dramaturgie Annette Weinmann

Zwei 11jährige Jungen prügeln sich auf dem Schulhof, der eine schlägt mit dem Stock zu, der andere verliert zwei Schneidezähne. Unter zivilisierten Leuten, wie es die Eltern sind, spricht man die Sache gemeinsam durch, schließlich ist man nicht in der Banlieu, wo die Autos brennen. So beraten Alain und Annette mit Véronique und Michel bei Kaffee und Gebäck, wie man pädagogisch richtig auf Ferdinand (den Täter) und Bruno (das Opfer) einwirkt, so konsensbemüht und politisch korrekt, wie es sich heutzutage in unseren westlichen Gesellschaften gehört. Doch unversehens brechen sich archaischere Impulse Bahn. Von Sticheleien zu Wortgefechten, von Verbalhändeln zu Handgreiflichkeiten, der Nachmittag degeneriert zur Saalschlacht: pointierte Dialoge, ein Leckerbissen für vier Schauspieler – und fürs Publikum. Mit diabolischem und vitriolgetränktem Humor und erbarmungsloser Treffsicherheit spießt Yasmina Reza in ihrem Stück die moderne bürgerliche Gesellschaft auf, die hin- und hergerissen ist zwischen aufgeklärtem, vernünftigem Gutmenschentum und allzumenschlichem, egoistischem Konkurrenzkampf. So verbindlich und watteweich wir uns auch geben mögen, am Ende behält einer die Oberhand: Der Gott des Gemetzels.

Presse

Wie Sabine Fürst als Annette agiert, mit mädchenhafter Eleganz, aber immer auch einen Tick nervös und angespannt, bis sie sich erst auf den Kunstbüchern Véroniques auskotzt und dann nach einem Glas Rum alle Hemmungen fahren lässt und zur Rächerin ihrer Würde als Ehefrau wird, das hat große Klasse. Überhaupt zeigt sich das Schauspielquartett, das jetzt dem „Gott des Gemetzels“ im Alten Schauspielhaus huldigt, in Hochform. Stuttgarter Zeitung

Was für das Publikum spannend, unterhaltend und lustig ist, ist letztlich aber auch der berühmte Spiegel, der da dem vermeintlich so zivilisierten Homo sapiens vorgehalten wird. Wie aus einem Kinderkonflikt eine Schlacht der Erwachsenen – inklusive zeitweiligen Rosenkriegen – werden kann, zeigt auch diese Fassung, die Folke Braband zügig und voll praller Handlung inszeniert hat. Alle vier Akteure sind völlig drin in ihren Rollen, füllen sie glaubwürdig mit Lebensnähe, so dass man dem bunten Treiben auf der Bühne gerne folgt. Ludwigsburger Kreiszeitung

Der Regisseur Folke Braband hat für seine aktionsgeladene Inszenierung souverän agierende Darsteller zur Verfügung, die sich sowohl sprachlich als auch schauspielerisch in diesem Boxring der Niedertracht behaupten. Ein sehenswertes Psychodrama, bei dem man sich über messerscharfen Dialogwitz und großartige Schauspieler bestens amüsiert. Und manchmal auch ertappt fühlt. Eßlinger Zeitung