Tribüne

Tartuffe

Tribüne, Premiere 09.09.2003

von Moliere

in einer Fassung von Folke Braband

mit Dominique Chiout, Doris Prilop, Adisat Semenitsch, Axel Buchholz, Tommaso Cacciapuoti, Frank Lorenz Engel, Yann Grouhel und Rainer Reiners

Regie Folke Braband Ausstattung Stephan Dietrich

Molières finstere Komödie um Schein und Sein, Täuschung und Verführbarkeit nimmt die Gefährdung der modernen Menschen vorweg: die Sehnsucht, seinem Leben einen „höheren Sinn“ zu verleihen und die Bereitschaft, das Glück des Einzelnen einer Idee unterzuordnen. Wie verlockend ist es, sich als Teil eines Ganzen zu fühlen und die eigene Urteilsfähigkeit über Bord zu werfen! Einer dieser modernen Verführer ist auch „Tartuffe“. In Folke Brabands Bearbeitung von Molières meistgespielter Komödie, führt er den wohlhabenden Verleger Orgon an der Nase herum, um an dessen Besitz zu gelangen – den ihm dieser in blinder Gefolgschaft tatsächlich überschreibt. Erst als Tartuffe Orgon auch die Frau ausspannen will, erwacht dieser aus seinem Wahn.

Presse

In der Tribüne haben wir jetzt den Tartuffe wiedergesehen. Und wieder hat der ewige Heuchler ein neues Gesicht aufgesetzt. Rainer Reiners spielt ihn nämlich nicht als christlichen Eiferer, sondern höchst zeitgenössisch, als ewig lächelnden Fitness Guru und Yoga Lehrer. In ihrem fünften, letzten und besten Akt nimmt die Aufführung dann eine tatsächlich verblüffende Wende. Der Tartuffe wird entlarvt und überwältigt. Aber diesmal nicht durch die Macht des gütigen Königs. Sondern durch einen, der bisher immer blass am Rande der Komödie agierte: durch den braven Herrn Cleante, der sich hier als Chef der Geheimpolizei enthüllt. Doch Herr Orgon, enttartüffisiert, erwacht nicht zur Vernunft. Sondern begibt sich sich nur von einem Wahn geradewegs in den nächsten. Hängt das Tartuffe Bild ab und das Cleante Bild auf. Glaubt nun nicht mehr an die indischen und pseudoindischen Weisheiten, sondern an den guten, alten Polizeistaat. Benjamin Henrichs Süddeutsche Zeitung

Großer Spaß: die Sprache! Braband spielt eine Übersetzung, die wie das Original in gereimten Versen gehalten ist. Und diese Reime sind einem witzigen Update unterzogen. Die Damen und Herren, allesamt in modernem Outfit, lassen die Verse lustig und zungenfertig flutschen. Die Inszenierung funktioniert nach dem Prinzip „Beschleunigung“. Braband will die Menschen vor allem unterhalten.  Zwischen Demütigung und Versöhnung hat die Inszenierung durchaus auch rührende Momente. Berliner Morgenpost