Gestern und Morgen

In einer Zeit vor Metoo, Netflix, Black Lives Matter, Sprachsensibilität und Gendersternchen…

Der labile Autor Ben, Halbbruder der linksliberalen Politikerin Ruth, hat ein Drehbuch geschrieben. Sein Schwager Felix, Ruths Ehemann, hat ein internes Reading organisiert. Er will Ben bei Herbert, einem befreundeten Produzenten, protegieren und damit sich selbst als Regisseur ins Geschäft bringen. Doch Herbert ist mehr am exquisiten Rotwein und an Bens Freundin, der dunkelhäutigen Schauspielerin Amanda, als an Bens literarischen Ergüssen interessiert. Das dystopische Werk, gespickt mit Prophezeiungen zu Terror, Klimawandel und Pandemien stößt bei Herbert auf wenig Begeisterung und verfehlt dessen kommerziellen Geschmack.
Mitten in die hitzige Debatte um Diskriminierung, Sprachsensiblität und Randgruppen platzt die Nachricht von einem Bombenattentat auf das Parlament. Führende Kräfte der Linkspartei und Ruths schä rfster Gegner sind ums Leben gekommen. Werden Bens Prohezeiungen tatsächlich wahr? „So weit wird es nie kommen!“ lautet Herberts Urteil. Der alte weiße Mann nimmt und bekommt, was er will – jetzt will er Amanda. Er plant ein intimes „Casting“ und gibt Felix grü nes Licht fü r eine Überarbeitung des Skripts in Richtung Kassenschlager…
In einer nicht allzu fernen Zukunft, ca. 10 Jahre spä ter, trifft man sich wieder. Die Machtverhä ltnisse haben sich komplett verschoben. All das, was Ben vorhergesagt hat, ist wahr geworden. Das Drehbuch wurde verfilmt und hat Amanda zum Star gemacht. Ruth kämpft an der Spitze ihrer Partei gegen die erstarkte Rechte. Aber was ist mit Felix? Wo steht Herbert in der Zukunft – der alte weiße Mann? Und welche Rolle spielt Ben, der jetzt Benno 4.0 heißt.

Irgendwann wurde halt aus Sex and Drugs and Rock’n‘Roll, Laktosefreiheit und politischer Korrektsprech.

Folke Braband wirft einen kritischen Blick auf den Zeitgeist. Im geschmackvollen Ambiente einer linksintellektuellen Runde wird die Spanne zwischen Achtsamkeit und Zensur ausgelotet. Beginnend in einer Zeit vor der großen Flüchtlingswelle bis in die Fiktion einer unmittelbaren Zukunft erfahren alle Figuren einen radikalen Wandel. Hinter dem Credo von Gleichbehandlung und Toleranz brodeln beinharte Interessenskonflikte und eiserne Machtpositionen. Es stellt sich die Frage – wohin führt das unsere Gesellschaft? Und müssten wir nicht besonders achtsam sein, was unsere Zukunft betrifft?

2D, 3H, 1Dek

Frei zur Uraufführung